Wolfgang "Fadi" Dorninger über servus.at:


Was hat servus.at für Dich eröffnet?

Fadi: Netzuser war ich eigentlich schon vorher in Wien durch das Projekt "Skug Research", das heute "S.R. - Archiv Österreichischer Popularmusik" heißt. In Linz habe ich mich dann gefreut, als ich hörte, es gibt einen Kunst- & Kultur-Server. Provider gibt es ja genug, aber das ist mir alles zu anonym, das ist alles irgendwas. ... Wenn viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zusammenwirken, ist das super. Am besten ist es, wenn diese Menschen noch miteinander Links, Verbindungen haben. Bei einem normalen Provider hat man die nicht. Da ist der Teppichhändler genauso dort wie irgendetwas anderes.

Gibt es für Dich eine spezielle Qualität von servus.at?

Fadi: Am servus.at ist von Anfang an etwas drauf gewesen, das für mich immer eine außerordentliche Qualität hatte, nämlich die Homepage von Gerhard Dirmoser: "Netzanwendungen und Netzbetreiber in OÖ". Dirmoser geht da der Frage nach: An welchen Positionen findet Internet mit Konnex zur Kultur statt. Das hat mir viel weitergeholfen bei gewissen Recherchen; eine schöne verwegene Sache, ein Lichblick...

real audio
Besonders interessant wurde es für mich als Musiker, als servus.at einen Real-Audio-Server installierte. Da habe ich angefangen, eine Seite auf servus.at zu plazieren. Da eröffnete sich zum ersten Mal ein Platz - ein "Audioroom", den ich immer schon haben wollte. ... In den 80iger Jahren war ich Mitbetreiber vieler mail-art-Projekte, schickte sicher über tausend Kassetten herum. Jetzt treffe ich dieselben Kollegen, mit denselben Verrücktheiten im Netz. Es ist billiger, man nützt das Netz als Raum zur Performance, zum Musikaustausch, Transportmittel, und plaziert die Ergebnisse. Jeder greift von irgendwoher auf diese files zu und es tauchen immer mehr links auf fremden Seiten auf. Das ist der Hauptsinn vom Internet, glaube ich, abseits von kommerziellen Überlegungen. Der äußerst kostengünstige Zusammenschluß von Gleichgesinnten rund um den Globus, ohne daß jemand dazwischenfunkt. Das ist wunderbar. Ich kann Bilder verschicken, Audiofiles verschicken, alles, was ich will...

radio - real audio - IRC
Auch Radio FRO begann dann den Real-Audio-Server zu benützen, übertrug seine Sendungen live im Internet. Bis dahin war es nur im Kabel-TV Urfahr zu hören. Über Real Audio konnten Leute aus anderen Teilen Österreichs und der "whole wide world" zuhorchen. ... Ein Erlebnis beim Radiomachen war für mich die gleichzeitige Kommunikation über IRC ... Man macht Radio, weiß aber nicht, wen das Radio da draußen erreicht, übers Telefon kommt wenig Rückmeldung, aber über den IRC, von den Leuten, die grad im Channel sind, da kommen sie, die feedbacks. Zuhören und die Meinung in Echtzeit abgegeben. Wahnsinn! Ich hab dann selbst zurück-feedbacked, was natürlich schwierig war, weil man zwischen dem, was man im Radio sprechen will und dem, was man schreibt, wechseln mußte. Es war dann teilweise so, daß ich nicht mehr reden und nicht mehr schreiben konnte. Ein schönes Chaos auf der Bewußtseinsebene des RadioDJ's. Es hat aber Kommunikation stattgefunden, und zwar Feedback in Sekundenschnelle. Ich spielte eine Nummer und auf einmal interagierten 5 oder 6 Leute parallel dazu. Die einen schrieben "What a fuck", die anderen "das Beste der Welt" oder was auch immer. In einem Gespräch gibt es normalerweise immer "Rudelführer", die gibt es in dem Fall nicht. Alle können gleichzeitig reinfahren, und tun es auch. Man weiß nie, ob in der Zeit, in der man schreibt, einem jemand anderer etwas vorwegnimmt. Es verschiebt sich somit permanent. Damit ist es auch nicht so klar, wer das Rudel anführt. Das hat eine gute Qualität. Eigentlich müßte das Radio auch so funktionieren. Wenn die Antenne da ist, werden dann Leute einfach anrufen - so hoffe ich, weil sie im Auto oder sonstwo sitzen, den Sound oder die Information hören und etwas dazu zu sagen haben.

Das Ganze wird dadurch eine ungeheure Dynamik bekommen, die FRO im Kabel und Netz noch fehlt. Im Fall von "FADI's Nachtschicht" (Team: Fadi, DJ Kern und EMU 005) hat dieses Internet-Radio in Verknüpfung mit IRC zumindest folgendes bewirkt: die Beteiligten haben durchgehalten.

das dorf ist noch ein bißchen fad ..
servus.at ist auch angenehm leger. Es hat manch private Kleinigkeiten drinnen, irgendwer macht etwas Lustiges und knallt das rein. Nichts wird vorzensiert. Es hat auch einen dörflichen Charakter. Nur, muß ich sagen, daß die Leute zu wenig tun. Das servus-Dorf ist noch ein ziemlich fades Dorf. Die meisten Wirtshäuser haben zu, die meisten Bands spielen nicht, es stehen nicht einmal die Gauner auf der Straße, es ist schade, aber es wird immer besser ......



Wolfgang "Fadi" Dorninger ist Musiker (Monochrome Bleu, Wipeout, Smiling Buddhas, ...). In seinem Tonstudio in Linz produziert er unablässig Grooves und Sounds. Seit einiger Zeit besitzt er auch ein eigenes Label - base records

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Editorial * servus@servus.at * Tonga - Nachreflexion * Verstärker * O.T. 1997 - Astrid Esslinger * Einsatz/ein Satz * Veranstaltungen