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STEVIE GASSER ÜBER DEN HILLINGER

schade, schade, schade! für mich war es das medium, in dem ich meine cartoons verbreiten konnte. anfänglich war dies ohne anflüge von zensur möglich, was ja dann später, aufgrund diverser klagen, nicht mehr so einfach war. die zensur ging nicht von der redaktion aus, sondern es war verboten, zu gewissen themen stellung zu beziehen (f, käppl, und so weiter), da sofort die nächste klage am hals gewesen wäre.

das ding

die idee, das inhaltsverzeichnis als cartoon aufzubereiten, war ein inhaltlicher beitrag. die figur ist namenslos und besteht mehr oder weniger aus fünf strichen. die einfachheit des wesens ließ zu, zahlreiche personen zu karikieren und erkenntlich zu machen. manche sagen es sei ein penis (die frauen), tampon, sack oder präservativ, für mich aber war es gegenstandslos. das ding hat sich ja auch aus einem gegenstandslosen kunstwerk entwickelt. früher in der htl habe ich cartoons gezeichnet, was ich aber dann aufgab (wegen der hohen kunst). auf anregung von sehr geehrten herrn kurt holzinger begann es wieder damit. nach etlichen verzweifelten feldversuchen war das ding auf einmal da, und es wird auch so schnell nicht mehr weggehen. das ding, welches ich eigens für den hillinger kreierte, war nicht nur auf diesen beschränkt. (skug, kunstfehler, diverse plakate). in mir lebt der hillinger noch. ich habe das noch nicht abgeschlossen. noch immer beschäftigt es mich, was da schief gelaufen ist, und vor allem: was hätte ich noch dazu beitragen kännen? das sind so sachen, wie einfach mehr engagement für das geldaufstellen, neue mitarbeiter finden und dergleichen. ich denke, es kann auch sein, daß es wirklich nur ein zeitlich bedingtes projekt war, dessen zeit abgelaufen war. aber es ist einfach schade, die infrastruktur einer funktionierenden zeitung einfach so zur seite zu stellen. monat für monat sind mindestens drei leute in der kapu gesessen, die eine zeitung machen wollten und gemacht haben. am anfang sind wir zu 20 bei den redaktionsitzungen gesessen und dann sind es immer weniger geworden.

gescheitert am geld

hat vielen leuten gefallen, aber die zahlbereitschaft war mies. wir haben alles versucht, den hillinger über eine zeitschriftenagentur zu vertreiben, mehr abonnenten zu gewinnen und durch aufrufe zahlungsmoral zu heben. mit dem hilinger wurde nicht geschafft, ein produkt herzustellen, das jeder jeden monat unbedingt haben wollte. die kapu konnte sich den hillinger nicht mehr leisten, obwohl es nie aufgabe der kapu war den hillinger zu tragen.

zum schluß waren nur mehr erich klinger, eugenie kain, gelegentlich franz fend, und udo danielczyk da gesessen. das ist einfach für ein projekt wie dieses zu wenig. leute die gegangen sind, bis auf bert estl, dessen aufgaben hat der udo übernommen, sind nicht nachbesetzt worden. im fall von der ingrid mit ihrer kolumne "barbarella", da hat sie sich um nachfolge bemüht, aber die nachfolgekolumne "barbar barbar" ist aus qualitätsgründen gescheitert. Auch viele der freiwillig zugesandten beiträge waren oft unbrauchbar, was zwar das rege interesse aufzeigte, aber stil oder thema oder nur die eigene profilierung reichten zur veräffentlichung nicht aus. nebenbei gesagt, ich kann alle leser beruhigen: das ding existiert weiter.

wird es wieder in erscheinung treten?

ja sicher. habt ihr noch platz im versorger? wenn mir was einfällt, mache ich eines. sicher ist, das ding kriegt auch in zukunft keinen namen. meine bilder haben keine titel, das überlasse ich den anderen. f

wie unktioniert es, daß man in ein solches ding eine personale legen kann und personen erkennbar werden?

liegt in der reduktion. wenn du auf das allerwesentlichste reduzierst und ein paar markante details einsetzt (kärperform, bart, brille, frisur) kommt schon wieder die ganze person heraus. das ist wie das negativ und positiv, ich weiß nicht genau, wie ich das sonst ausdrücken kann.

wie erkennt man aber das allerwesentlichste?

das klingt so großkotzig, aber ich sage, es ist der normale röngtenblick, den jeder cartoonist hat oder haben sollte.

also du siehst einen menschen und du siehst ihn anders?

aber ich möchte ja nicht schon wieder großkotzig sein, ich sehe ihn, wie er ist und nicht wie er sein mächte. meistens sehe ich zwei personen, die wirkliche und die vorgegebene. ich zeichne meistens die wirkliche. ich bringe die leute in gewisse situationen, und lass sie dann nach ihrem wirklichen ich agieren.

ein kleines gustostück

die negerwanderung der stadtwerkstatt auf den großen priel.noch welche fragen?

nein

ich glaube das ist mein erstes veräffentliches interview.

hillinger was nun? GESPRÄCH MIT ERICH KLINGER

hillinger wurde nach der dezember-nummer 1997 eingestellt. ein nachfolgeprojekt, an dem die beteiligung von kapu, kanal, kraftwerk steyr, stwst, kv kino ebensee, und waschaecht vorgesehen war, kam über die planungsphase nicht hinaus. lebt daher "nur mehr" im netz, in bezug auf die ingesamt 31 oder 32 ausgaben von 1995 bis ende '97. das ende meiner arbeit beim hillinger war nahezu zeitgleich mit dem einstellen des hillinger.

zur einstellung führten die krasse personelle unterdeckung und gravierende verluste, die vor allem im jahre 1997 entstanden sind und dem kulturverein kapu als herausgeber alleine zu lasten fielen. die einnahmen durch inserate waren zurückgegangen, die bereitschaft der leserinnen und leser, das jahresabo in der höhe von 200 schilling zu zahlen, reichte bei weitem nicht aus, die kosten des hillinger zu finanzieren.
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dazu kam die gerichtliche auseinandersetzung mit dr. hans köppl, chefredakteur der oön, der aufgrund pointierter kritik zu seiner haltung zur wehrmachtsaustellung sich persönlich dermaßen beleidigt fühlte, daß dem hillinger durch klage und außergerichtlichen vergleich kosten in der höhe von insgesamt S 70.000,-- erwuchsen..

sämtliche spendenaufrufe bzw. bemühungen um finanzielle unterstützung zeigten nur geringe wirkung.

für mich war es eine ziemliche leistung, daß diese zeitung als printmedium drei jahre durchgehend erscheinen konnte. sämtliche mit der herausgabe der zeitung verbundenen arbeiten wurden unentgeltlich erbracht. es hat ein sich stöndig wechselndes personelles umfeld gegeben, sowohl organisatorische als auch redaktionelle aufgaben betreffend und auch von den leuten her, die artikel beisteuerten. das redaktionskollektiv war gleichfalls in stöndiger veränderung, wobei einige personen den kern bildeten, der letztendlich die regelmäßige herausgabe ermöglichte. versandfertig wurde der hillinger im backstageraum, unter mithilfe zahlreicher menschen aus dem näheren umfeld der kapu, die nicht unbedingt mit dem hillinger zu tun hatten, gemacht.
was war der hillinger eigentlich

es war ein durchwegs notwendiger versuch gegenöffentlichkeit herzustellen. aufgrund des zustandes der medienlandschaft in österreich, in der linke positionen zunehmend keinen platz mehr finden können.

orientierungsfragen gab es natürlich, und es konnte auch keine endgültige position festgeschrieben werden in welche richtung die zeitung gehen soll. es war jedoch klar, daß der hillinger eine linke zeitung sein soll. es gab einen antikapitalistischen grundkonsens, aber im grund genommen gab es sehr viele verschiedene strömungen innerhalb des jeweiligen redaktionskollektivs.

die zeitung hat sich auf verschiedene art und weise mit den herrschenden systemen auseinandergesetzt, sowohl im kulturellen bereich als auch im bereich der politischen analyse; das ist klarerweise nur ein teil der wirklichkeit, in der sich der hillinger befand.

wesentlich und damit auch prögend war für mich die bestöndige arbeit an und in einem derartigen medium und damit verbunden die zusammenarbeit mit doch sehr unterschiedlichen menschen, die darauf ausgerichtet war, gemeinsam eine zeitung hervorzubringen, die einem gewissen qualitötsanspruch gerecht werden soll.

für mich war der qualitötsanspruch u.a. gleichbedeutend mit verschiedenartigkeit, die sowohl strengen formen der auseinandersetzung, zum beispiel in form (kultur)politischer analysen, als auch undefiniert unzuordnenbaren mittelschrögen beitrögen, zum beispiel von christian wellmann, platz ließ.

die grundlegende frage ist, ob und vor allem unter welchen voraussetzungen ein derartiges projekt, wie es der hillinger war, durchgestanden werden kann, ohne stöndig an finanzielle und personelle grenzen zu stoßen, die schließlich ein scheitern implizieren. ich hasse nachrufe.