Kapitalismus pur - uns reicht's
9.3.1997. Der Freie Rundfunk OberÖsterreich gibt den für
den ORF bestimmten Zusammenschnitt einiger ausgewählter
Sendungen ab. Dieser soll im Rahmen der ORF - Sendereihe
"Offenes Fenster" ausgestrahlt werden. Offenes Fenster? Irrtum.
Der folgende Beitrag wurde vom ORF zensuriert, und blieb den
ORF - HÖrern somit vorenthalten. Selber schuld. Liebe Urfahraner,
liebe Linzer: Wir machen uns unser Radio selbst.
Seid auf der Hut. Radio FRO präsentiert: "Kapitalismus pur -
uns reichts".
Schönen guten Nachmittag - oder schönen guten Abend, liebe Hörerinnen und Hörer vom Radio FRO. Mein Name ist Sepp Wall-Strasser, der Name wird Ihnen nichts sagen, ich arbeite beim ÖGB Bildungsreferat, bin Bildungssekretär des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, bin froh, heute auf Sendung zu sein, bin gespannt, ob mich 5 oder 10 oder 1000 Hörer hören. Mir geht es um folgendes heute - ich möchte Ihnen etwas vorstellen: Einen Namen und einen Vortrag. Der Name heißt Hans-Peter Martin, vielleicht haben Sie den Namen schon dort und da einmal gehört, er hat ein Buch geschrieben im letzten Jahr, das heißt: "Die Globalisierungsfalle - Angriff auf Demokratie und Wohlstand". Was soll das jetzt heißen? - Vielleicht haben Sie in den letzten Jahren auch verwundert, verärgert oder sonst irgendwie mitgekriegt, Sparpakete, Arbeitslosigkeit, Entlassungen, der Wirtschaft geht es schlecht, sagt man, wir müssen den Gürtel enger schnallen, unsere Politiker bringen nichts Gescheiteres zusammen usw. usw. Wir als Gewerkschafter stehen jeden Tag auch wieder vor dem Problem, daß in den Firmen gesagt wird: das können wir uns nicht mehr leisten, wir haben über die Verhältnisse gelebt, wir müssen mit den Sozialleistungen runter, den Krankenstand als Urlaub nehmen usw. Wir sind zusehends skeptischer geworden - wieso: gehts der Wirtschaft wirklich so schlecht? Gleichzeitig hören wir nämlich, daß Gewinne gemacht werden wie noch nie. Musterbeispiel war im letzten Jahr Semperit, man hat genau gewußt, daß die Firma Conti mit Semperit in Traiskirchen ihre Gewinne einfährt, sogar einer der produktivsten Standorte, und dennoch wird entlassen und so weiter. Und wir haben uns auf den Weg gemacht und haben eine Aktion beschlossen: "Kapitalismus pur - uns reichts". Nichts anderes ist nämlich dahinter; was uns da vorgemacht wird, und das kann ich Ihnen versichern, ist nichts anderes als Propaganda von ganz einseitigen Wirschaftsideologen, die nichts anderes im Sinn haben, wie dieses Wohlstandsland Österreich, das wir immer noch sind - oder gerade noch sind - obwohl uns schon die Obdachlosen vor der Haustür erfrieren. Dieses Wohlstandsland Österreich ein bißchen herunterzunehmen vom Sockel - sozusagen anzugleichen an andere. Wir ragen nach wie vor wie ein Eisberg aus dem Meer, das heißt wir müssen angeglichen werden an die anderen, und wenn wir so weit unten sind wie die anderen, hat man in der Zwischenzeit die anderen Länder und Sozialstaaten noch einmal weiter hinunterreduziert. Das heißt, im Grunde ist nichts anderes dahinter, wie Arbeitnehmer, Menschen gefügiger zu machen, indem man Ihnen einredet, der Wirtschaft geht es so schlecht usw. Der Hintergrund, sicher ein wahrer, ist der, daß man mit einer Globalisierung, wie es in den letzten Jahren möglich gewesen ist, d.h., daß man mit Technologien, mit billigem Verkehr und Benzinpreisen, alles auf der ganzen Welt hin und her herumtransportieren kann, inklusive des Geldes, das man leicht von einem Land in das andere transponieren kann, daß man dadurch möglich gemacht hat, daß man Konkurrenz zum Teil ausschaltet bzw. möglich macht - das ist heute kein Problem mehr - ein Auto in Südkorea zusammenzubauen und zu uns herüber zu bringen, das ist unter Umständen billiger wie den..................... |