IRC-Mania im Cyberdorf


IRC - Internet Relay Chat

IRC - Internet Relay Chat zum "Small Talk" neben Mails checken, Texten schreiben oder sonstigen Arbeiten am Computer. Am Monitor ist ein Fenster offen, über das mit Menschen in geschriebener Form online kommuniziert wird. IRC - Internet Relay Chat zum „Small Talk" neben Mails checken, Texten schreiben oder sonstigen Arbeiten am Computer. Eine Kommunikation, die nicht nicht ortsgebunden ist, weil jeder nur einen Rechner im Netz, das notwendige Programm und einen Server zum Einwählen braucht.

Seit einigen Monaten wird auch in der Stadtwerkstatt geirct, meist über irc.aec.at, dem IRC server im benachbarten Ars Electronica Center.

ComputerProgrammierer, SysOps, Künstler, Grafiker und andere Leute, die den ganzen Tag am Computer arbeiten, in Wien, München, Innsbruck und Linz treffen sich hier in einem channel virtuell und unterhalten sich. Die meisten der hier „Anwesenden" kennen sich auch persönlich. Das Palaver wechselt zwischen die Arbeit betreffendem Informationaustausch und spielerischen Wortgefechten. Auch Freunde, die im Urlaub oder zur Arbeit im Ausland weilen, kommen, wenn sie die Möglichkeit finden, in den channel, um Neuigkeiten auszutauschen oder um bloß nachzufragen, was sich denn so tut ...


Ein paar Überlegungen zum IRC:

1.
ich komm am feiertag ins buero. volles haus. alle hocken an der maschine und scheinen maechtig vertieft in arbeit. "hallo, wunderschoenen guten tag, ..." sag ich, aber niemand macht einen muckser.... schweigend grinsen die gesichter den bildschirm an, hacken wie besessen in die tastatur, warten dann wieder einen moment, der blick gebannt am monitor, bevor erneut eine buchstabensalve auf das keyboard niederfährt.

2.
"hm", denk ich mir. "tja, wenn das so ist..."

3.
ich schalte computer ein, starte programm, waehle mich auf irc-server ein, „joine channel" und treffe alle, die im raum herumsitzen plus ein paar andere, von irgendwo sonst aus linz, aus österreich oder der welt, wieder. und nun prasselt eine wahre begruessungsorgie in meine augen: "hi, guten tag, seas, re, ..... seeeeeeliiiiiinaaaa..."

4.
ich muss lachen! red auch nix mehr, und tipp nur mehr.


The magic of IRC - Internet Relay Chat
ausgangsbasis: monitor und tastatur. programm. irc server.
hilfreich: grundkenntnisse der irc-befehle wie:
/me blah aktion
/nick newnick nick change
/whois nick wer ist das
/who #channelname wer ist im channel
/msg nick blah private message

treffpunkt virtueller marktplatz. nur buchstaben und ascii-zeichen. kein ton, kein bild. kurze saetze. fuer nicht irc-eingeweihte oft unverstaendliche woerter und ausdruecke. am unteren rand des textfensters befindet sich eine zeile, in die getippt wird. geschriebenes wird mit der „return"-taste an den laufenden text unten angefuegt. manchmal passiert stundenlang nichts. manchmal fetzt es dahin, dass man mit dem schauen nicht nachkommt. diskussionen entwickeln sich. leute sprechen miteinander uebers kreuz. zwischen die antworten schieben sich saetze, die ganz woanders dazugehoeren. wortwitz, schlagfertigkeit, schnelles tippen befeuern die kommunikation. befindlichkeiten, information, arbeit. wasauchimmer. alle im channel anwesenden koennen mitlesen, sofern nicht eine private message an eine bestimmte person geschickt wird. (irx-maniacs wissen meist auch ziemlich genau, was wer wann grad macht, woran wer grad arbeitet, etc... - oder auch nicht.)

ein fliessender bewusstseinsstrom, unstrukturiert, spontan, assoziativ. irc uebersetzt, was im kopf ablaeuft in die a priori leblosen und persoenlichkeitslosen bits und bytes. keine ablenkungen durch traditionell gewohnte signale, koerpersprache, kleidung, blicke, stimme, handschrift. nichts, was sich konventionell schubladieren laesst. gleiches sprachvermittlungsmedium fuer alle: tastatur und monitor. ein bisschen ist es so, als wuerde man aus sich selbst herausschluepfen. nichts, was an den eigenen koerper erinnert, ist vorhanden. der name ein nickname, der von einem moment auf den anderen geaendert werden kann. gender change ebenso moeglich. stille trotz angeregter unterhaltung. laerm nur im kopf.

anwesende im irc koennen an den geopgraphisch unterschiedlichsten orten sitzen. weltweit. unter umstaenden treffen sich leute mit aehnlichen interessen. channels haben „topics", anhand derer man auswaehlen kann, wo man „joinen" will. und es dreht sich bei weitem nicht immer nur um belanglosigkeiten, die hier zum besten gegeben werden. irc kann ein sehr hilfreiches arbeits- und informationsmedium sein. frage posten und irgendwer irgendwo weiss vielleicht eine antwort.

bei geschriebenem denkt man an buch oder brief. aber irc ist weder noch. irx ist simultanes reden mehrerer leute, oder zuschauen, was passiert, was sich entwickelt. wie ein film rollt der redefluss dahin, an dem sich alle leute, die im channel sind, beteiligen koennen. ohne anfang und ohne ende. was grad zu sagen vergessen wurde, kommt spaeter dran. die worte existieren, obwohl sie geschriebene worte sind, nur, solange die verbindung zum irc-server steht. die buchstaben loesen sich in nichts auf nach dem logout. keine rueckstaende. nicht einmal asche, wie bei verbranntem papier. (es sei denn, jemand macht logfiles.)

die handhabung der sprache im irc macht sprachfetischisten und klassische gemueter wehmuetig. niemand ist gezwungen, sich an irgendwelche regeln zu halten. alleinige maxime ist die kurze praegnante und pointierte formulierung. ein spielen mit sprache. sich praesentieren einzig mit dem mittel der sprache. abkuerzungen, neuschoepfungen, die meist nur eine irx-gemeinde verstehen oder ascii-zeichen, die ebenso eingespielte codes darstellen oder bilder im kopf entstehen lassen. ein spielerisches und fantasievolles hin- und herwandeln zwischen dialekt, schriftsprache, zwischen vulgaerem, zaertlichem, deftigem, informativem, poetischem. der fantasie sind keine grenzen gesetzt in der schreibweise und der handhabung der woerter. wer es schafft, sich den anderen verstaendlich zu machen und tempo zu halten, ist dabei.

und wenn sich die buchstaben dann eines tages materialisieren und zu menschen aus fleisch und blut werden, sind sie meist ein bisschen schüchterner und verschlossener als im irc. von angesicht zu angesicht herrschen andere gesetzmaessigkeiten der kommunikation, die verwandlung des gegenueber von einem bildschirm in ein lebendiges gesicht macht manchmal scheu. reden ist nun mal anderes, als via tastatur und bildschirm stundenlang zu plaudern, zu bloedeln, zu arbeiten, den anderen weit weg zu wissen oder vielleicht auch nahe, aber auf jeden fall nicht koerperlich praesent wahrzunehmen. und es kommt auch vor, dass die buchstaben zu leuten aus fleisch und blut geworden sind, im selben raum gelandet sind, und trotzdem nicht akustisch miteinander sprechen, sondern weiterirxen, an zwei gegenueberstehenden terminals und sich bestenfalls ueber den monitor hinweg hin und wieder anschauen. der vorteil ist immer noch: man muss nicht schreien, weil augen hoeren ned ...

6.
/me geht jetzt. gute nacht. auf wiederschaun. cu.

Gabriele Kepplinger