Eine Grenzwanderung

Wir waren alle sehr überrascht, als wir über diesen Beitrag zum Festival der Regionen gelesen haben. Eine unglaubliche Geschichte. Das betraf vor allem die erste Verhandlung mit dem Fremdenverkehrsobmann, der gleichzeitig Präsident des Bergführerverbandes ist, selbst lange Zeit auf dem Prielschutzhaus Hüttenwirt war und den wir natürlich sofort gefragt haben: Ist denn das durchführbar? ...

Es sind eigentlich 3 Welten aufeinandergeprallt. Dieses typische städtische Verhalten mit einer Einstellung, die man normalerweise am Berg nicht hat. Es war wirklich eine Expedition, wo man sich vorher überlegen muß, wie mach ich das; in einer Größenordnung, die man nicht mehr mit Jean und Sportschuhen macht. Es war eine Grenzwanderung - kurios, witzig zum Zuschauen. Manche Teilnehmer waren körperlich an ihrer Leistungsgrenze.

Es waren sicher viele Leute dabei, die normalerweise nicht auf einen Berg gehen. Auch auf der Hütte war so eine Situation, wenn die Herren im schwarzen Anzug aufgekreuzt sind. So wie wenn in die Stadtwerkstatt einer mit der Lederhose kommt. Das waren die Computerfreaks, die den Einstieg ins Internet gemacht haben. Sie waren Exoten auf der Berghütte. Da treffen zwei Welten zusammen. "Internet am Großen Priel", der Einstieg ins Internet am Gipfel; und alles, was da dazugehört hat. Die Fotozellen, die man quadratmeteweise hinaufgeschleppt hat, im Nebel und Kameras von 13 kg sind übers Schneefeld transportiert worden. Das waren Situationen, die hat der Berg noch nicht gesehen.

Es war ein großes Erlebnis, wie die Tonga über das Schneefeld marschiert sind. Sie selbst haben großen Respekt und auch Angst gehabt, vor dem, was sie da erwartet. Konditionell haben es auch die Älteren gut geschafft, trotz ungewohnter Bergschuhe und Blasen an den Füßen. Der Abend nach der Gipfelbesteigung des großen Priel habe ich als sehr lustig erlebt. Die Tonga waren sehr glücklich und stolz, zufrieden. Sie hatten ja anscheinend nicht gewußt, was sie erwartet.

Beim Begrüßungskonzert durch die Trachtenkapelle waren sehr viele Leute da, die sich von der Musik her sicher etwas anderes erwartet haben. Es war überraschend, daß es doch relativ schrill und unrhythmisch war und nicht zum Tanzen. Es sind Klänge, die nicht sofort Begeisterung hervorrufen, die gewöhnungsbedürftig sind. Aber das ganze Projekt hat die Leute schon fasziniert.

Es war auf jeden Fall Anregung, sich zu fragen, was will man vermitteln und man erfuhr als Antwort, daß die Tonga ein Volk sind, das ums Überleben kämpft, das auf seine Schwierigkeiten aufmerksam machen will; was bleibt einem Volk außer seiner Kultur, wenn es um die Existenz geht. Das war der Anstoß, über diese Dinge nachzudenken und das ist erstaunlich gut rübergekommen. Obwohl vielleicht immer noch der Zweifel da war: was ist der Sinn des Ganzen?. Auch im Wirtshaus war es ein Thema, es hat etwas ausgelöst, regte an zum Nachdenken. Letztlich gab es auch keine negativen Kritiken. Sondern ein Schritt in Richtung mehr Toleranz und Akzeptanz. Man hat es als künstlerisches Projekt angenommen. ...

Es war ein einmaliges Erlebnis, sowas kriegt man nie wieder. Eine Grenzwanderung, die man nicht erlebt, wenn man sich nicht an die Grenze wagt.

Angela Diesenreiter, Kulturreferntin in Hinterstoder.